Der 9. November in der Robert Dannemann Oberschule

 

Wohl kein anderes Datum in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts hat derart unterschiedliche Diskussionen hervorgerufen wie der 9. November. Der Fall der Berliner Mauer 1989, die Reichspogromnacht 1938, der Hitlerputsch 1923 und das Ausrufen der Weimarer Republik 1918 sind Schicksalstage, die Wendepunkte in der deutschen Geschichte darstellen und sowohl für positive als auch für negative Ereignisse stehen, deren wir in der Erinnerungskultur gedenken.

Mit der Reichspogromnacht erreichte im Jahr 1938 die nationalsozialistische Judenverfolgung in Deutschland eine neue Dimension. Die reichsweiten Pogrome am 9. und 10. November führten zur ge­zielten Verfolgung und Vertreibung der Juden sowie zur systematischen Zerstörung und Aus­löschung der jüdischen Kultur in Deutschland.

Das Ammerland und insbesondere Westerstede waren bereits vor der Machtübernahme Hitlers 1933 eine Hochburg der Nationalsozialisten. Jüdische Bürgerinnen und Bürger waren schon früh der Diskriminierung sowie der Verdrängung aus wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen ausgesetzt.

Diese Tatsache war einer der Gründe, weshalb vor etwa 17 Jahren an der RDS die Idee keimte, eine Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht durchzuführen. Die Idee nahm Gestalt an; jährlich findet seitdem ein Pogrom-Gedenken am 9. November in der Friedhofskapelle Westerstede statt.

  • Die 10. Haupt- und Realschulklassen und eine Klasse des Gymnasiums Westerstede bereiteten das Programm vor und bestritten das 45-Minuten-Programm mit ihren Ideen zum Thema.
  • Die musikalische Begleitung des 9. November 2018 übernahm die Musikklasse des Europagymnasium Westerstede, die mit einem Flöten- und Klavierspiel die Veranstaltung einleitete. Es folgte die Begrüßungsrede von einem Schüler aus der 10. Klasse. Er beschrieb seine Gedanken zum 9. November und erinnerte daran, dass sechs Millionen unschuldige Menschen ermordet wurden, die Nachbarn, Schulkameraden oder Freunde waren. Er fragte danach, ob so etwas noch einmal passieren kann und rief zur besonderen Wachsamkeit auf.
  • Hiernach trugen zwei Schüler die Rede von Richard von Weizsäcker vor.

Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker hielt am 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft am 8. Mai 1985 eine Ansprache im Deutschen Bundestag. In dieser Ansprache rief von Weizsäcker zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges auf. Er forderte die Menschen auf, aus der Geschichte zu lernen. Hitler habe stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Hass zu schüren. Weizsäcker sprach daher die Bitte aus, dass man sich nicht in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen hineintreiben lassen solle. Es sei wichtig, miteinander zu leben und nicht gegeneinander.

  • Es folgte der Chor der 10. Klasse des Europagymnasiums mit dem Lied der Moorsoldaten.
  • Anschließend referierten zwei Schüler die Geschichte von Mala und Edek.

Bei der Kurzgeschichte „Mala und Edek“ geht es um eine Liebe in Auschwitz-Birkenau. Die 24-jährige Jüdin Mala lernt den 16-jährigen polnischen Häftling Edek im Lager Birkenau kennen und lieben. Beide beschließen nach einer Zeit, aus dem Lager zu fliehen, um ein neues Leben zu beginnen. Die Flucht wurde gut geplant. Am 24. Juni 1944 begann ihre Flucht. Der gesamte Lagerbereich wurde abgesucht, aber ohne Erfolg. Mala und Edek waren bereits auf dem Weg zur 120 km entfernten Grenze zur Slowakei – in die Freiheit. Am 13. Tag ihrer Flucht liefen sie jedoch direkt vor der slowakischen Grenze einer Streife in die Arme und bekamen von der SS die Todesstrafe. Sie brachten Mala und Edek zurück ins Lager und ließen sie hinrichten. Mala und Edek wurden durch ihre unzertrennliche Liebe und ihren Mut zu einer Legende.

  • Das jiddische Lied Donna, Donna wurde von dem Chor der 10a gesungen.
  • Die Todesfuge von Paul Celan wurde von Schülern vorgetragen.

Die »Todesfuge« ist ein Text im Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungslager. Er vermeidet in seinen Wortbildern die direkte Nachbildung der Vernichtung und versucht stattdessen ein Bewusstsein für das unvorstellbare Geschehen zu schaffen, indem es auf den Zusammenhang von hochentwickelter Zivilisation und barbarischer Greueltaten sowie immer wieder auf die unermesslichen Leiden der Opfer hinweist.

  • Eine Schülerin spielte auf ihrer Geige, begleitet von dem Klavierstück aus „Schindlers Liste“.
  • Die Schüler und Schülerinnen zeigten im Anschluss Bilder von Kindern im KZ Bergen-Belsen. Sie trugen dazu Biografien dieser Kinder vor.
  • Der Chor des Europagymnasiums beendete mit dem Lied der Comedian Harmonists „Irgendwo auf der Welt“ die Gedenkveranstaltung.
  • Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung fand durch eine Schülerdelegation eine Kranzniederlegung auf dem jüdischen Friedhof in der Nähe der Schule statt.

Der Gedächtnistag war für die Schüler und Schülerinnen der OBS noch nicht zu Ende. Der jüdische Schriftsteller und Schauspieler Ronnen Alexander Temerson  besuchte mit seinem Kollegen Alexander Goretzki die Schule. Sie waren Gäste der Erinnerungsveranstaltung und standen anschließend den Schülern für Fragen zu Verfügung. Dabei konnten uneingeschränkt Fragen z. B. über den jüdischen Alltag gestellt werden. Zunächst wurden unserem Gast Fragen über seine Herkunft und Familie gestellt, z. B. wie er seinen Glauben lebt und welche Möglichkeiten ihm dafür seine Umgebung bietet. Nachdenklich wurde er bei den Fragen über sein Sicherheitsgefühl, in Niedersachsen zu leben. Ron ist stolz, ein deutscher Jude zu sein. Er fühlt sich in seiner Heimat wohl und relativ sicher. Doch gibt es auch Entwicklungen, die ihm Angst vor Anfeindungen machen. Manchmal würde er auf gepackten Koffern sitzen. Er wünschte sich mehr sichtbare Sicherheit für Juden in Deutschland. Die Schüler würden eine schwere Bürde tragen. Sie übernehmen Verantwortung für die Gegenwart und die Zukunft. Sie dürfen niemals mehr Ausgrenzung, Verachtung und Vernichtung von Menschen zulassen.

Schuld

Wir tragen keine Schuld an dem was war

Wir wiederholen es nicht, dass ist klar.

Wir müssen daran denken, auch wenn es uns nicht betrifft.

Denn die Zukunft trägt unsere Schrift.

Wir waren es nicht.

Nun bringen wir das Licht.

Wir müssen vermeiden das Unschuldige leiden.

Das was war, ist Vergangenheit.

In der Zukunft darf es nicht mehr sein.

Und wir halten ein Versprechen ein.

Denn wir sind schon sehr weit.

Der Krieg ist vorbei.

So soll es auch bleiben,

denn wir sind jetzt frei

und müssen alle Fehler vermeiden.

Antonia, 16 Jahre